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Was Cholesterin mit Taxifahren zu tun hat

„Iss nicht so viel davon, das ist nicht gut fürs Cholesterin!“


Kommt dir dieser Satz bekannt vor? Dann ist es an der Zeit, Cholesterin einmal genauer unter die Lupe zu nehmen: Ist Cholesterin wirklich automatisch schlecht für uns? Und inwiefern können wir den Cholesterinspiegel mit unserer Ernährung beeinflussen?



Wofür brauchen wir Cholesterin und woher kommt es?


First things first: Cholesterin ist nicht ausschließlich schlecht für unseren Körper. Wir brauchen es!

Als fettähnliche Substanz ist es Baustein unserer Zellmembranen, sowie Vorstufe für Gallensäuren (wichtig für die Fettverdauung) und Hormone wie Cortisol und Aldosteron (1). Cholesterin spielt also eine entscheidende Rolle für uns.


Da kommt es sehr gelegen, dass der menschliche Körper Cholesterin eigenständig herstellen kann. Tatsächlich produziert unsere Leber den Großteil des Cholesterins im Körper selbst. Nur ca. 10-15% des Tagesumsatzes werden bei einer cholesterinreduzierten Ernährung durch die Nahrung aufgenommen (2).


Auch wenn du dich cholesterinarm ernährst, trägt dein Körper also noch keinen Mangel davon.



Halt, aber was passiert dann, wenn wir viel Cholesterin essen?


Essen wir cholesterinreiche Lebensmittel, wie z.B.


- Fettes Fleisch

- Fette Wurst

- Tierische Fette wie Butter oder Schmalz

- Mayonnaise

- Fetter Käse (mit mehr als 30% Fett)

- Eier


dann kompensiert unser Körper die erhöhte Zufuhr. Er produziert einfach weniger Cholesterin selbst (2).


Praktisch oder?



Problematisch wird es erst, wenn dauerhaft zu viel Cholesterin zugeführt wird:


Dann kann es zu einer Hypercholesterinämie (also zu erhöhten Cholesterinwerten) kommen.

Weitere Risikofaktoren für die Entstehung erhöhter Cholesterinwerte sind z.B. Rauchen oder Alkoholkonsum. Auch die Genetik kann eine Rolle spielen (3).


Stellt sich also die Frage: Was genau bedeuten erhöhte Cholesterinwerten und weshalb sind sie so problematisch?


Zwei verfeindete Taxiunternehmen - und was das mit deinen Blutfetten zu tun hat


Stell dir vor, in einer Stadt gibt es zwei Taxiunternehmen. Du bist an einem kalten Wintertag in dieser Stadt gestrandet, und natürlich rufst du dir ein Taxi.

Das HDL-Taxi (interpretiert und graphisch umgesetzt von Ariane Pessentheiner)

Eines der Taxiunternehmen meint es gut mit dir. Es bringt dich zu den sicheren, schönen Orten der Stadt, wo freundliche Menschen auf dich warten und sich um dein Wohlergehen kümmern. Es gibt Snacks, du fühlst dich gut aufgehoben. Dies ist das HDL-Taxi (Hab Dich Lieb).


Der ärgste Konkurrent von HDL ist LDL (Lässt Dich Leiden). Vom LDL-Taxi gibt es in der Stadt manchmal einfach zu viele und den Fahrer*innen wird leicht fad. Dann machen sicdie Jungs und Mädels vom LDL-Taxi einen Spaß daraus, dich abends im Dunkeln irgendwo im Nirgendwo auszusetzen. Bevor sie dich aus dem Auto wirft, beißt die Fahrerin noch einmal in einen triefend fettigen Burger und zockt dich mit heiserem Lachen um den doppelten Fahrpreis ab.

Das LDL-Taxi (interpretiert und graphisch umgesetzt von Ariane Pessentheiner)

Na, wo würdest du lieber mitfahren?

In dieser Geschichte bist du das Cholesterin. Das Cholesterin ist nicht wasserlöslich und bewegt sich im Blut daher via Lipoprotein-Taxi fort. Vielleicht erkennst du schon, weshalb das Cholesterin auf die Taxifahrt angewiesen ist: Die Lipoproteine lagern das Cholesterin ein und transportieren es, bis es sicher an seinem Ziel angekommen ist (1).


 

Was unterscheidet HDL und LDL?


Der Unterschied zwischen HDL und LDL liegt vor allem in ihrem Fettanteil. Während HDL zu ca. 50% aus Protein und nur ca. 20% aus Fett besteht, enthält LDL deutlich mehr Fett (darunter auch andere Fette wie Triglyzeride) und weniger Protein als HDL (4). Auch die Proteine an der Oberfläche der Partikel unterscheiden sich bei den beiden. Das bestimmt auch ihre Transportroute, denn diese Proteine dienen als Ankerpunkte an den Zellen.

 

So hängen deine Lipoproteine mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen (HKE) zusammen


Wie in der Geschichte der beiden Taxiunternehmen gibt es auch beim LDL und HDL einen guten und einen vermeintlich “schlechten” Cholesterintransport.


Das HDL transportiert das Cholesterin aus den Geweben zurück zur Leber, wo es abgebaut bzw. verstoffwechselt wird. Es sorgt somit dafür, dass dieses Fett nicht einfach eingelagert wird, sondern beispielsweise der Produktion von Gallensäuren dient. Dadurch wird der Cholesterinspiegel also gesenkt.


Das LDL transportiert Cholesterin von der Leber zu den Körpergeweben – weg vom Abbauort – und sorgt so dafür, dass das Cholesterin im Umlauf bleibt. Das ist per se nichts Schlechtes, benötigen unsere Körperzellen das Cholesterin ja, wie anfangs erwähnt. Steigt das LDL-Cholesterin jedoch, steigt auch der Gesamtcholesterinspiegel (2) (als schlecht wird über 200 mg/dL Blut angesehen).


Das Blöde daran: Das Cholesterin wird vermehrt an Stellen des Körpers abgeladen, wo es nichts zu suchen hat. Wie etwa an den Innenwänden unserer Blutgefäße.


Ein hoher LDL-Spiegel (hier sollte man unter 160 mg/dL liegen) begünstigt somit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie z.B. die Atherosklerose. Dabei kommt es zu einer Einlagerung von LDL in die Gefäßwände und zu einer zunehmenden Entzündung. Als Folge können sich Gefäßverengungen und Gerinnsel bilden (3).





Zu diesem Thema gibt es auch einiges in unserem Wissenschaftscomic “Marko, der Makrophage” zu erfahren - schau rein, falls du das noch nicht kennst.







Ein hoher Cholesterinspiegel ist daher laut der American Heart Association einer der 10 Risikofaktoren für einen Herzinfarkt. Auch in der Framingham Heart Study wurde ein erhöhter Cholesterinspiegel als einer der Hauptrisikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen identifiziert. Mehr zur Framingham Heart Study findest du hier.


 

Das eigene Risiko abschätzen


Wichtig ist, dass es bei all diesen Risikoabschätzungen immer um dein individuelles Risiko geht. Willst du dieses einschätzen, musst du neben deinem Alter und deinem Gesamt-Cholesterinspiegel auch weitere Risikofaktoren wie z.B. Übergewicht oder Rauchen mit einbeziehen. Genauere Informationen findest du hier: 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias (Seite 121) (5).

Mithilfe dieses Rechners kannst du dein Risiko für ein schweres kardiovaskuläres Ereignis (wie z.B. einen Herzinfarkt) in den nächsten 10 Jahren abschätzen.

 

Wie kann ich mein LDL senken und damit das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringern?


Dass sich ein hoher LDL-Spiegel negativ auf das individuelle HKE-Risiko auswirkt, ist inzwischen klar.

Zum Glück ist das aber noch nicht alles. Ein ausreichend hoher HDL-Spiegel wirkt sich nämlich positiv auf dein Risiko aus!

Wir erinnern uns: Das HDL sorgt dafür, dass Cholesterin aus den Geweben in die Leber transportiert und abgebaut wird. Es ist also eine Art Gegenspieler zum LDL.


Indem du also dein LDL-Cholesterin senkst und gleichzeitig für eine ausreichend hohe HDL-Konzentration sorgst, kannst du dein HKE-Risiko in Schach halten (6).


Wie das funktioniert?


Hier sind die Empfehlungen der European Society of Cardiology (ESC) und der European Atherosclerosis Society (EAS) (5):


  • viele Ballaststoffe essen: diese binden Gallensäuren und eliminieren sie damit aus dem Körper. Für die Neubildung der Gallensalze wird körpereigenes Cholesterin verwendet – der Cholesterinspiegel sinkt

  • Weniger Trans-Fettsäuren essen: diese kommen z.B. in frittierten Produkten, Blätterteig, Brotaufstrichen oder Milchprodukten vor

  • bei bestehendem Übergewicht: Gewichtsreduktion durch eine Kombination aus körperlicher Aktivität und einem moderaten Kaloriendefizit (max. 300-500 kcal/Tag weglassen)

  • bei hohem Cholesterinspiegel: Cholesterinzufuhr über die Nahrung reduzieren, z.B. durch einen höheren Anteil pflanzlicher Fette in der Ernährung, und durch weniger tierische Fette (das ist im Allgemeinen auch ein guter Vorschlag für alle, die es gar nicht zu einem allzu hohen Cholesterinspiegel kommen lassen möchten).

  • wenig bis keinen Alkohol konsumieren

  • nicht Rauchen




Du willst dich näher zu cholesterinarmer Ernährung informieren?




Dann könnte die mediterrane Ernährungsweise für dich interessant sein. Diese umfasst ballaststoffreiche, vorwiegend pflanzliche Lebensmittel und ist reduziert an Zucker und tierischen Fetten. Die Ausnahme bilden Fette aus Seefisch, hinzu kommen Nüssen, Vollkornprodukte (diese enthalten ebenfalls pflanzliche Fette) (7).


Merke: Hier geht es um die “richtigen” Fette! Beispielsweise ergeben Studien, dass eine Ernährung reich an Olivenöl oder Nüssen ein niedrigeres HKE-Risiko aufweist, als eine fettreduzierte Ernährung (8).

Ein aktiver Lebensstil trägt natürlich auch dazu bei, deine Blutfettwerte in Schach zu halten. (5)



♡♡♡


Das wars zum Thema Cholesterin!


Hoffentlich konnten wir ein paar Fragen beantworten und dir zeigen, wie du dein HKE-Risiko an der Cholesterin-Front möglichst klein halten kannst.


Wenn du noch mehr zum Thema Herzgesundheit erfahren möchtest, schau dir gerne unseren Blog an. Wie wäre es mit einem Artikel rund ums Sportlerherz?


Herzlichst, Marie

References
1. Löffler G. Basiswissen Biochemie. Mit Pathobiochemie. 7. Aufl. 2008. Springer Berlin Heidelberg: Berlin, Heidelberg, 2008.
2. Biesalski HK, Grimm P, Nowitzki-Grimm S. Taschenatlas Ernährung. 8., vollständig überarbeitete Auflage. Thieme: Stuttgart, 2020.
3. Haller D, Rimbach G, Grune T. Biofunktionalität der Lebensmittelinhaltsstoffe. Springer Spektrum: Berlin, Heidelberg, 2013.
4. Elmadfa I, Meyer A. Ernährungslehre. 90 Abbildungen, 110 Tabellen. 4., überarbeitete Auflage. Verlag Eugen Ulmer: Stuttgart, 2019.
5. Mach F, Baigent C, Catapano AL, Koskinas KC, Casula M, Badimon L, Chapman MJ, Backer GG de, Delgado V, Ference BA, et al. 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk. Eur Heart J 2020; 41:111–88.
6. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Erhöhte Cholesterinwerte. Internet: https://www.gesundheitsinformation.de/erhoehte-cholesterinwerte.html#Behandlung.
7. Biesalski H-K, Bischoff SC, Pirlich M, Weimann A, eds. Ernährungsmedizin. Nach dem Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer. 5., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Thieme: Stuttgart.
8. Estruch R, Ros E, Salas-Salvadó J, Covas M-I, Corella D, Arós F, Gómez-Gracia E, Ruiz-Gutiérrez V, Fiol M, Lapetra J, et al. Primary Prevention of Cardiovascular Disease with a Mediterranean Diet Supplemented with Extra-Virgin Olive Oil or Nuts. N Engl J Med 2018; 378:e34.

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