Unsere heutige Geschichte beginnt in meinem Bett. Es ist 2 Uhr morgens.
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HALT! Im Bett? Wie? Ist dieser Beitrag jetzt noch jugendfrei? Und wo bleibt der Wissenschaftsbezug?
Keine Angst! Wir bleiben jugendfrei und zur Wissenschaft kommen wir auch gleich. đ
2 Uhr frßh. In den allermeisten Fällen bekomme ich vom Beginn dieser Geschichte nichts mit, weil ich tief und fest schlafe, so wie die meisten von uns. Es ist auch die Zeit, in der unser Blutdruck am niedrigsten ist. Im Tagesverlauf schwankt dieser nämlich zwischen 120/80 mmHg untertags und unter 100/60 mmHg in der Nacht.
Um ca. 4 Uhr morgens gibt es den grĂśĂten Blutdruckanstieg des Tages, das ist nämlich jene Zeit, in der sich unser KĂśrper darauf vorbereitet, von einer liegenden in eine stehende Position zu wechseln Wer zum Beispiel schon einmal mitten in der Nacht aufspringen musste und kurz schwindelig wurde, weiĂ nun auch warum: weil der Blutdruck auf diesen Lagewechsel nicht vorbereitet war.
Hier ein Not-So-Fun-Fact: es gibt einen nachweisbaren Zusammenhang zwischen diesen Blutdruckspitzen und der hohen Häufigkeit von Herzinfarkten bzw. Schlaganfällen in den frßhen Morgenstunden. (1)
Es ist wichtig, dass ein gewisser Druck in unseren GefäĂen herrscht, damit das Blut nicht am Weg zu den kleinsten GefäĂen versackt, sondern diese auch erreicht. Wie das Ăźbrigens mit systolischem und diastolischem Wert funktioniert, erklärt euch unsere Grafik:
Inzwischen bin ich aufgestanden und auf dem Weg zur Arbeit. Als ich um die Ecke biege, sehe ich den Bus auf der HauptstraĂe vorbeirauschen. Mist, der ist zu frĂźh dran und die Haltestelle aber noch an die hundert Meter entfernt. Schnell muss eine Entscheidung her â normal weitergehen und in Kauf nehmen, zu einem wichtigen Termin zu spät zu kommen, oder schnell mal einen Sprint einlegen, um den Bus noch zu erreichen? Eine Millisekunde des ZĂśgerns später und die Entscheidung fĂźr Option Nummer zwei ist gefallen.
Geschafft. Schnaufend erreiche ich im letzten Moment den Bus und lasse mich auf einen freien Platz fallen.
Mein Herz hat während dieses kurzen Sprints ganz schĂśn an Fahrt aufgenommen. War mein Puls gerade noch leicht Ăźber meinem Ăźblichen Ruhepuls von 60, schnellt er nun auf Ăźber 180 hinauf. Innerhalb kĂźrzester Zeit hat sich mein Herzzeitvolumen, also die Menge an Blut, die pro Minute durch meine Adern flieĂt, vervielfacht. Das heiĂt, dass auch mehr Druck auf die GefäĂwände meiner BlutgefäĂe ausgeĂźbt wird und diese sich ausdehnen. Damit kann die Kraft, die auf die GefäĂe wirkt, abgefedert werden. Bei mir als jungem Menschen wird also der Blutdruck durch die starke Anstrengung nicht besonders dramatisch steigen, aber es kann auch zu einer plĂśtzlichen ErhĂśhung des systolischen Wertes kommen, wenn meine
BlutgefäĂe nicht gleich reagieren. * mehr dazu in der Fact-Box!
Eine Blutdruckspitze ist unter starker kÜrperlicher Anstrengung aber ganz normal. Sie kann auch auftreten, wenn wir uns ßber etwas aufregen oder stark unter Stress stehen. Hätte ich also Option 1 gewählt, mich aber furchtbar ßber den zu frßhen Bus aufgeregt, hätte das vielleicht auch zum Steigen des Blutdrucks gefßhrt. Dazu komme ich noch ein anderes Mal, wenn wir ßber Stress sprechen!
Nach einer Weile normalisiert sich mein Herzschlag wieder und auch der Blutdruck sinkt wieder in den Normalbereich ab.
Unsere BlutgefäĂe sind sehr elastisch und kĂśnnen solche Druckschwankungen gut vertragen. Leider nimmt diese Elastizität durch unterschiedliche Faktoren ab. Ein Faktor ist natĂźrlich das steigende Alter, aber auch Lebensstilfaktoren wie Rauchen und sehr salzreiche, fetthaltige Ernährung, wirken sich dabei negativ aus. Auch Diabetes und Nierenerkrankungen sind Risikofaktoren fĂźr hohen Blutdruck.
Bluthochdruck ist zu einer Volkskrankheit geworden. Ab einem Wert von 140/90 mmHg spricht man von erhĂśhtem Blutdruck (wie diese Messung zu Stande kommt, seht ihr in der Abbildung). Fast jeder zweite Erwachsene hat irgendwann in seinem Leben damit zu kämpfen. Der Blutdruck steigt bei vielen schon ab dem 25. Lebensjahr an und das Problem ist leider, dass wir lange Zeit nichts von einer ErhĂśhung mitbekommen (2). Man spĂźrt einen erhĂśhten Blutdruck nämlich kaum. Doch die zerstĂśrerische Kraft eines dauerhaft erhĂśhten Drucks entfaltet sich unbeachtet innerhalb unserer BlutgefäĂe und fĂźhrt zu GefäĂverletzungen, die in weiterer Folge die Ausprägung von GefäĂ-Verkalkung (Atherosklerose) begĂźnstigen.
Was kĂśnnen wir also tun, um den Risikofaktor âBlutdruckâ so gering wie nur mĂśglich zu halten? Als Allererstes mĂźssen wir einmal frĂźh genug erkennen, dass wir an hohem Blutdruck leiden. Ein einfaches, gĂźnstiges Blutdruckmessgerät liefert da schon recht zuverlässige Werte (beim Schreiben dieses Artikels war ich Ăźbrigens im sehr niedrigen Bereich von 100/69 mmHg). So eine Messung dauert gerade mal eine Minute und kann zum Beispiel locker während des FrĂźhstĂźcks erfolgen. FĂźr junge Menschen scheint auch der diastolische, also der niedrigere der zwei Werte, eine hĂśhere Aussagekraft zu haben (2, 3). Eine schwedische Langzeitstudie hat ergeben, dass der diastolische Blutdruckwert bei jungen Männern schon ein Warnzeichen fĂźr ein hĂśheres Risiko, später einmal an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, geben kann (3).
Sollten unsere Werte tatsächlich erhĂśht sein, ist es auf jeden Fall wichtig, diese nicht einfach abzutun, sondern eine*n Ărzt*in aufzusuchen. In jungem Alter kann durch eine Anpassung unseres Lebensstils (bessere Ernährung, mehr Bewegung, weniger Stress â also das Ăbliche đ) noch sehr viel erreicht werden, später werden leider blutdruckregulierende Medikamente notwendig (2). Die aktuelle Forschung zeigt uns, dass es kein âzu frĂźhâ gibt, um auf erhĂśhten Blutdruck zu reagieren (2, 3).
Damit wir nicht später im Leben erkennen mßssen, dass ein Sprint zur Bushaltestelle oder eine Aufregung um den verpassten Bus den Druck zu hoch werden lässt...
Kennt ihr euren Blutdruck? Messt ihr ihn regelmäĂig? Wir freuen uns Ăźber Kommentare, Fragen oder Anregungen zum Thema âBlutdruckâ!
HERZlichst, Eure Ariane
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Quellenverzeichnis:
(1) Schwartz BG, Mayeda GS, Burstein S, Economides C, Kloner RA. When and why do heart attacks occur? Cardiovascular triggers and their potential role. Hosp Pract (1995). 2010;38(3):144-52. doi: 10.3810/hp.2010.06.308. PMID: 20890064.
(2) Thomas C. Hinton, Zoe H. Adams, Richard P. Baker, Katrina A. Hope, Julian F.R. Paton, Emma C. Hart, Angus K. Nightingale. Investigation and Treatment of High Blood Pressure in Young People. 2020. Hypertension: 16-22. V 75, N 1. doi:10.1161/HYPERTENSIONAHA.119.13820
(3) SundstrĂśm J et al.: Association of blood pressure in late adolescence with subsequent mortality: cohort study of Swedish male conscripts. BMJ 2011, 342; d643 doi: 10.1136/bmj.d643.
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