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Wenn der Druck zu hoch wird...

Aktualisiert: 30. Aug. 2021


Unsere heutige Geschichte beginnt in meinem Bett. Es ist 2 Uhr morgens.

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HALT! Im Bett? Wie? Ist dieser Beitrag jetzt noch jugendfrei? Und wo bleibt der Wissenschaftsbezug?


Keine Angst! Wir bleiben jugendfrei und zur Wissenschaft kommen wir auch gleich. 😊


2 Uhr früh. In den allermeisten Fällen bekomme ich vom Beginn dieser Geschichte nichts mit, weil ich tief und fest schlafe, so wie die meisten von uns. Es ist auch die Zeit, in der unser Blutdruck am niedrigsten ist. Im Tagesverlauf schwankt dieser nämlich zwischen 120/80 mmHg untertags und unter 100/60 mmHg in der Nacht.


Um ca. 4 Uhr morgens gibt es den größten Blutdruckanstieg des Tages, das ist nämlich jene Zeit, in der sich unser Körper darauf vorbereitet, von einer liegenden in eine stehende Position zu wechseln Wer zum Beispiel schon einmal mitten in der Nacht aufspringen musste und kurz schwindelig wurde, weiß nun auch warum: weil der Blutdruck auf diesen Lagewechsel nicht vorbereitet war.

Hier ein Not-So-Fun-Fact: es gibt einen nachweisbaren Zusammenhang zwischen diesen Blutdruckspitzen und der hohen Häufigkeit von Herzinfarkten bzw. Schlaganfällen in den frühen Morgenstunden. (1)


Es ist wichtig, dass ein gewisser Druck in unseren Gefäßen herrscht, damit das Blut nicht am Weg zu den kleinsten Gefäßen versackt, sondern diese auch erreicht. Wie das übrigens mit systolischem und diastolischem Wert funktioniert, erklärt euch unsere Grafik:



Inzwischen bin ich aufgestanden und auf dem Weg zur Arbeit. Als ich um die Ecke biege, sehe ich den Bus auf der Hauptstraße vorbeirauschen. Mist, der ist zu früh dran und die Haltestelle aber noch an die hundert Meter entfernt. Schnell muss eine Entscheidung her – normal weitergehen und in Kauf nehmen, zu einem wichtigen Termin zu spät zu kommen, oder schnell mal einen Sprint einlegen, um den Bus noch zu erreichen? Eine Millisekunde des Zögerns später und die Entscheidung für Option Nummer zwei ist gefallen.


Geschafft. Schnaufend erreiche ich im letzten Moment den Bus und lasse mich auf einen freien Platz fallen.

Mein Herz hat während dieses kurzen Sprints ganz schön an Fahrt aufgenommen. War mein Puls gerade noch leicht über meinem üblichen Ruhepuls von 60, schnellt er nun auf über 180 hinauf. Innerhalb kürzester Zeit hat sich mein Herzzeitvolumen, also die Menge an Blut, die pro Minute durch meine Adern fließt, vervielfacht. Das heißt, dass auch mehr Druck auf die Gefäßwände meiner Blutgefäße ausgeübt wird und diese sich ausdehnen. Damit kann die Kraft, die auf die Gefäße wirkt, abgefedert werden. Bei mir als jungem Menschen wird also der Blutdruck durch die starke Anstrengung nicht besonders dramatisch steigen, aber es kann auch zu einer plötzlichen Erhöhung des systolischen Wertes kommen, wenn meine

Blutgefäße nicht gleich reagieren. * mehr dazu in der Fact-Box!

Eine Blutdruckspitze ist unter starker körperlicher Anstrengung aber ganz normal. Sie kann auch auftreten, wenn wir uns über etwas aufregen oder stark unter Stress stehen. Hätte ich also Option 1 gewählt, mich aber furchtbar über den zu frühen Bus aufgeregt, hätte das vielleicht auch zum Steigen des Blutdrucks geführt. Dazu komme ich noch ein anderes Mal, wenn wir über Stress sprechen!


Nach einer Weile normalisiert sich mein Herzschlag wieder und auch der Blutdruck sinkt wieder in den Normalbereich ab.

Unsere Blutgefäße sind sehr elastisch und können solche Druckschwankungen gut vertragen. Leider nimmt diese Elastizität durch unterschiedliche Faktoren ab. Ein Faktor ist natürlich das steigende Alter, aber auch Lebensstilfaktoren wie Rauchen und sehr salzreiche, fetthaltige Ernährung, wirken sich dabei negativ aus. Auch Diabetes und Nierenerkrankungen sind Risikofaktoren für hohen Blutdruck.


Bluthochdruck ist zu einer Volkskrankheit geworden. Ab einem Wert von 140/90 mmHg spricht man von erhöhtem Blutdruck (wie diese Messung zu Stande kommt, seht ihr in der Abbildung). Fast jeder zweite Erwachsene hat irgendwann in seinem Leben damit zu kämpfen. Der Blutdruck steigt bei vielen schon ab dem 25. Lebensjahr an und das Problem ist leider, dass wir lange Zeit nichts von einer Erhöhung mitbekommen (2). Man spürt einen erhöhten Blutdruck nämlich kaum. Doch die zerstörerische Kraft eines dauerhaft erhöhten Drucks entfaltet sich unbeachtet innerhalb unserer Blutgefäße und führt zu Gefäßverletzungen, die in weiterer Folge die Ausprägung von Gefäß-Verkalkung (Atherosklerose) begünstigen.


Was können wir also tun, um den Risikofaktor „Blutdruck“ so gering wie nur möglich zu halten? Als Allererstes müssen wir einmal früh genug erkennen, dass wir an hohem Blutdruck leiden. Ein einfaches, günstiges Blutdruckmessgerät liefert da schon recht zuverlässige Werte (beim Schreiben dieses Artikels war ich übrigens im sehr niedrigen Bereich von 100/69 mmHg). So eine Messung dauert gerade mal eine Minute und kann zum Beispiel locker während des Frühstücks erfolgen. Für junge Menschen scheint auch der diastolische, also der niedrigere der zwei Werte, eine höhere Aussagekraft zu haben (2, 3). Eine schwedische Langzeitstudie hat ergeben, dass der diastolische Blutdruckwert bei jungen Männern schon ein Warnzeichen für ein höheres Risiko, später einmal an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, geben kann (3).


Sollten unsere Werte tatsächlich erhöht sein, ist es auf jeden Fall wichtig, diese nicht einfach abzutun, sondern eine*n Ärzt*in aufzusuchen. In jungem Alter kann durch eine Anpassung unseres Lebensstils (bessere Ernährung, mehr Bewegung, weniger Stress – also das Übliche 😊) noch sehr viel erreicht werden, später werden leider blutdruckregulierende Medikamente notwendig (2). Die aktuelle Forschung zeigt uns, dass es kein „zu früh“ gibt, um auf erhöhten Blutdruck zu reagieren (2, 3).


Damit wir nicht später im Leben erkennen müssen, dass ein Sprint zur Bushaltestelle oder eine Aufregung um den verpassten Bus den Druck zu hoch werden lässt...


Kennt ihr euren Blutdruck? Messt ihr ihn regelmäßig? Wir freuen uns über Kommentare, Fragen oder Anregungen zum Thema „Blutdruck“!



HERZlichst, Eure Ariane

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Quellenverzeichnis:


(1) Schwartz BG, Mayeda GS, Burstein S, Economides C, Kloner RA. When and why do heart attacks occur? Cardiovascular triggers and their potential role. Hosp Pract (1995). 2010;38(3):144-52. doi: 10.3810/hp.2010.06.308. PMID: 20890064.

(2) Thomas C. Hinton, Zoe H. Adams, Richard P. Baker, Katrina A. Hope, Julian F.R. Paton, Emma C. Hart, Angus K. Nightingale. Investigation and Treatment of High Blood Pressure in Young People. 2020. Hypertension: 16-22. V 75, N 1. doi:10.1161/HYPERTENSIONAHA.119.13820









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