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HERZählung

#05

"Von der Kunst des Nein-Sagens"

Stress lass nach! Ja, wenn das so einfach wäre. 

Wir leben in einer Gesellschaft, in der Stress zum Alltag gehört. Psychischer und körperlicher Stress belasten unser Herz - manchmal mehr als wir denken.
So hat auch unser HERZähler Ralf als Selbstständiger keine Ruhephasen, die er sich gönnen kann. Er ignoriert die Zeichen, bis sein Herz ihm eines Tages seine Grenzen aufzeigt.

Das Transkript

Ariane

Hallo, willkommen beim Herzählungen-Podcast, wo ihr Geschichten übers Herz von Herzen hören werdet. Ich bin Ariane, die wissenschaftliche Leiterin des Projekts und sozusagen das Herz und Hirn von Herzählungen.

 

Maggie

Und ich bin Maggie, Projektmitarbeiterin in allen Belangen des Projekts. Let's talk about Stress, Baby! Heute mal ein etwas anderes Intro, denn heute geht es um das Thema Stress. Stress und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

 

Ariane

Ja, das ist wirklich ein gutes Thema und das kommt auch sehr oft vor bei unseren Geschichten auf Social Media und natürlich auch bei unseren Herzähler*innen.

 

Maggie

Da fragen wir uns natürlich: Ist Stress wirklich so ungesund für unser Herz?

 

Ariane

Na ja, grundsätzlich ist jeder von uns immer wieder mal in stressigen Situationen. Das ist ganz normal und der Körper hat dafür auch Mechanismen entwickelt, die es ihm erlauben, mit Stress umzugehen. Auch früher waren die Menschen schon unter Stress, wenn sie zum Beispiel einer brenzligen Situation entkommen mussten. Stellen wir uns mal vor, da ist ein Säbelzahntiger, der einen verfolgt.

 

Maggie

Ja, aber was passiert denn da im Körper?

 

Ariane

Na ja, der Körper stellt sich auf Flucht ein. Stresshormone werden ausgeschüttet und das erhöht den Herzschlag und die Durchblutung.

 

Maggie

Na ja, jetzt kommt das halt in unserer Zeit nicht so oft vor, dass wir vor einem Säbelzahntiger flüchten müssen.

 

Ariane

Ja, das stimmt. Aber Stress ist bei uns ja meist anderer Natur. Deadlines, Stress in der Familie oder im Beruf oder auch psychischer Stress, dem wir uns eigentlich aussetzen. Das alles wirkt auf unseren Körper und die Mechanismen sind eigentlich die gleichen wie damals beim Säbelzahntiger. Das heißt, Stresshormone werden ausgeschüttet und das wirkt sich auf die Dauer negativ auf unseren Blutdruck aus. Der Druck steigt und erhöhter Blutdruck ist natürlich ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Neben anderen Sachen, die auch von Stress ausgelöst werden. Stress kann da also beachtlich mitspielen, wenn man auch sonst gesund lebt.

 

Maggie

Na gut, jetzt wissen wir, wie man dem Säbelzahntiger entkommt. Also flüchten. Aber wie entkommt man dem Stress?

 

Ariane

Ja, wenn ich das wüsste. Ich glaube, dann wäre auch mein Leben ein bisschen einfacher...

 

Maggie

Unser heutiger Herzähler, Ralf, hatte auch mit einigen stressigen Episoden in seinem Leben zu kämpfen.

Zu was das geführt hat und wie er damit umgeht, hören wir doch selbst. Lieber Ralf, herzähl mal!

 

Ralf

Ja, von meiner Seite her ebenfalls einen schönen Abend. Danke für die Einladung von der Ariane. Mir ist das auch sehr wichtig. Und die Ariane hat etwas Wichtiges gesagt bei der Einleitung, dass eben sehr junge oder in sehr jungen Jahren bereits ein Bewusstsein geschaffen wird, was Herz-Kreislauf-Erkrankungen bedeuten, wie sie entstehen. Denn meine Geschichte beginnt ja eigentlich auch vor 20 Jahren. Ich war Verkaufsleiter bei einer Elektrohandelskette und habe im Jahr so 90.000 Kilometer abgespult. Das ganze natürlich immer unter Zeitdruck. Dann gehst du in Filialen rein, hast total unpopuläre Entscheidungen zu treffen, was auch immer wieder einen innerlichen Stress aufbaut. Und ich habe das jahrelang gemacht. Das heißt, ich bin da über 1 Million Kilometer gefahren. Und, ja, du musst ja stark sein. Du bist ein Mann. Du bist eine Führungskraft. Du musst stark sein. Und vor allem, du bist ja gesund. Mein erstes einschneidendes Erlebnis war eigentlich so ein Seminar, die wir neben zahlreichen anderen Seminaren gehabt haben, Verkaufsseminaren und so weiter, war das. Und zwar haben wir ein Seminar bei einem Gehirnforscher gehabt. Wir haben da so eine Haube aufgesetzt gekriegt.

 

Der hat uns einfach die Gehirnströme gemessen. Ziel war einfach: Wie triffst du als Führungskraft Entscheidungen, wenn du unter Stress Entscheidungen treffen musst? Fällst du eher ins Rationale, ins Logische rein oder triffst emotionale Entscheidungen, also eher Bauchentscheidungen? Das war der Hintergrund. Und damals hat man mir attestiert, und nicht nur mir, sondern auch meinen Kollegen, die andere Gebiete gehabt haben, ihr lebt eigentlich ständig unter Stress. Ihr fahrt mit dem Auto, ihr geht in Filialen rein und ihr seid eigentlich ständig unter Stress, auch wenn ihr es nicht merkt. Ja, okay, alles registriert. Aber unverwüstlich sind wir ja trotzdem. Und stark müssen wir sein. Vor zwölf Jahren habe ich dann die Entscheidung getroffen, mit meiner Frau zusammen, oder ins Unternehmen meiner Frau einzusteigen, weil mir das Ganze eigentlich zu viel geworden ist oder eben Sanierer am Werk waren. Das war jetzt nicht mein Führungsstil, Mitarbeiter wie Nummern zu behandeln. Und deswegen haben wir uns entschlossen, meine Frau ist auch heute da, das Unternehmen weiter gemeinsam aufzubauen. Und als Unternehmer hat man natürlich schwierige Jahre. Das geht nicht von heute auf morgen, dass das Ganze ein wirtschaftlicher Erfolg wird.

 

Es hat gute Zeiten gegeben, es hat schlechte Zeiten gegeben und die schlechten Zeiten bereiten dann auch wiederum Stress. Eben ganz besonders deswegen auch, weil wir beide ja vom selben Unternehmen wirtschaftlich abhängig waren, finanziell abhängig waren. Du musst die Familie ernähren, du hast ein Eigenheim, die Raten für das Eigenheim zu zahlen, du hast die Sozialversicherung und Finanzen pünktlich abzuliefern. Und das bedeutet natürlich in schlechten Jahren genauso Stress, insbesondere schlaflose Nächte. Wie kommst du wieder raus aus dem Strudel? Ja, und das waren manchmal keine angenehmen Zeiten, und keine angenehmen Nächte, muss ich auch dazu sagen, die teilweise da entstanden sein. Aber du bist Unternehmer. Und wiederum, du bist ja stark, du bist unverwüstlich. Und gerade in der Spirale, wo man da ist, dann kommt man eigentlich immer mehr in eine Spirale rein, dass man sagt, je schlechter es jetzt momentan läuft, desto besser kannst du das einfach durch mehr Arbeit kompensieren und merkst eigentlich nicht, wie du in die Spirale wieder rein kommst, dass du sagst, mehr arbeiten, weniger Zeit für dich zu achten, die Zeit, die ein bisschen bleibt, für die Familie zu bringen.

 

Aber Gesundheit, Sport, Ernährung und so weiter, das ist ad acta gelegt. Ja, und dann hat das Unternehmen eigentlich immer besser funktioniert. Und wir haben uns vor fünf Jahren entschlossen, dann das Unternehmen zu vergrößern. Und das war um die Weihnachtszeit. Das war eine sehr kurzfristige Entscheidung. Wir haben da Weihnachten gefeiert, 2015 war das. Und am 10. Jänner 2016 wäre die Eröffnung geplant gewesen. Wir haben noch Weihnachten gemeinsam gefeiert, den 24., 25. Dezember. Am 26. Dezember habe ich angefangen. Ich habe die HTL besucht, ich kann sehr viel handwerklich auch selbst machen. Natürlich aus Kostengründen sehr viel im Do-it-yourself-Verfahren zu machen - mit ein paar Helferlein Boden verlegen, Strom, egal was alles. Das war unter Zeitdruck, weil eine Betriebsschließung kostet natürlich Geld. Und das waren so  Nächte auch, Tage, Nächte, die ich nur verbracht habe mit Aufstehen, Arbeiten, Leberkäsesemmel kaufen zu Mittag, weiterarbeiten. Und dann war es oft nach Mitternacht oder nicht selten nach Mitternacht. Aber es hat dann geklappt. Es war dann pünktlich die Eröffnung und die haben wir auch erfolgreich über die Bühne gebracht. Kurz danach war dann eigentlich ein Besuch bei den Schwiegereltern geplant. Meine Schwiegereltern wohnen in Wolfsberg, also sind Bergbauern, wohnen auf einer Anhöhe oben und da, seit es geschneit hat,

da sind wir dann nicht ganz rauf gekommen mit dem Auto und haben ein bisschen, so ein paar Hundert Meter unterhalb, stehenbleiben müssen. Und dann haben wir beschlossen, wir gehen einfach diese Schritte, die paar Schritte, zu Fuß rauf. Und also wir dann ausgestiegen sind, habe ich gemerkt, irgendwas passt nicht mit mir. Die paar Schritte, die ich dann gegangen bin, mir ist die Luft weg geblieben. Was ist jetzt? Hast du jetzt als Raucher, ich bin Raucher, Probleme mit der Lunge? An das Herz denkst du eigentlich absolut nicht. Ich hab dann alibimäßig den Kindern, ich habe zwei Kinder, die Frau und die Kinder sind vorgegangen, immer die Schuhbänder zugebunden, um einfach die Schwäche nicht zu zeigen und bin hinten geblieben. Und ich war dann eigentlich Gott sei Dank froh, dass der Schwiegervater dann entgegengekommen ist und uns mit dem Jeep abgeholt hat. Aber es war dann, natürlich hat sich im Kopf schon etwas abgespielt. Was war das Ganze jetzt? Warum hab ich keine Luft gekriegt? Es ist dann wieder gegangen, den ganzen Nachmittag war es dann eigentlich mehr oder weniger okay. Aber es war dann schon der Gedanke, der hat mich dann nicht losgelassen. Was war zu dem Augenblick? Warum habe ich keine Luft gekriegt? War das ein Herzinfarkt, ein leichter, oder was war das?

 

Und das war dann wirklich eine schlaflose Nacht, wo tausende von Gedanken, und so eine Nacht kann lang sein, tausende Gedanken durch den Kopf gegangen sind. Ich war dann froh, dass am nächsten Tag, am Montag, dann gleich der Hausarzt, ich hab den 7:00 Uhr-Termin sofort wahrgenommen, bin dann sofort runter zum Hausarzt und der hat mir sofort attestiert, du hast wahrscheinlich Herzrhythmusstörungen. Ich muss dazu sagen, der Hausarzt ist wirklich ein toller Hausarzt. Er wird ein bisschen, auch von mir, als Veterinär bezeichnet, weil er einfach mit sehr harten Fakten kommt. Und diese harten Fakten, die er mir damals gesagt wird, waren einfach: Du hast drei Möglichkeiten.

 

Nachdem er mich an das EKG angehängt hat und gesagt hat: „Du hast Herzrhythmusstörungen, Vorkammerflimmern“. Und diese drei Fakten, die hat er mir wirklich auf den Tisch geknallt. Und ich bin heute noch froh, dass er das gemacht hat. Er hat gesagt, entweder du gehst in Frühpension. Das Zweite ist, sofort ruhiger treten, Gewicht abbauen, deine Ernährung umstellen, Sport betreiben. Aber vor allem eins: Sag einmal Nein, trau dich einmal, Nein zu sagen und tu nicht immer alles, was die anderen sagen.

Oder die dritte Möglichkeit ist, du machst einfach so weiter und auf deinem Grabstein steht in Kürze „An Arbeit verstorben“. Boom – da hat es natürlich, da sind Gedanken gekommen in weiterer Folge, also nicht nur an dem Tag, sondern in weiterer Folge auch. Existenzängste, was tust du jetzt? Meine Frau ist dann allein im Fotostudio. Ich kann meine Leistung nicht erbringen. Ich kann sie nicht unterstützen. Wir haben zwei Kinder, schulpflichtige Kinder. Und so weiter. Und die Spirale dreht sich immer weiter. Ich habe dann aber relativ schnell natürlich einen Termin im KH Wolfsberg gekriegt. Er hat mich direkt eingewiesen. Dort bin ich mit Medikamenten versorgt worden. „Versorgt worden“, ja, klingt jetzt ganz gut, aber wenn man dann so eine Medikamentenschachtel kriegt, wo man früher eigentlich maximal vielleicht eine Aspirin genommen hat, da altert man von einem Tag auf den anderen, aber wirklich gewaltig. Ja, und dann ist die ganze Geschichte weitergegangen. Ich habe dann einen Termin bekommen, und zwar für Behandlungen, die nennt sich Kardioversion. Ich muss es erklären, wie das Ganze ausschaut. Unter Vollnarkose wird das Herz quasi stillgelegt, der Puls geht auf Null.

 

Und wie mit einem Defibrillator wird das Ganze wieder gestartet. Endet mit Brandwunden. Hat bei mir mit Brandwunden geendet. Aber nach der Narkose bin ich dann aufgewacht, so in dem Nebel schaut man dann sofort natürlich auf den Monitor. Wie schaut es mit dem Herz aus? Ist es im Rhythmus? Und ich habe gesehen, es ist nicht im Rhythmus. War natürlich Enttäuschung pur. Wiederum eine psychische Belastung. Wird es jemals wieder? Bist du jemals wieder so arbeitsfähig, wie du warst? Ich kann nicht meiner Frau die ganze Arbeitslast, angefangen vom Haushalt, Kinder, Fotostudio usw., das kann ich ihr alles nicht überlassen. Ich muss leistungsfähig werden wieder. Ich muss wieder so weit kommen, dass ich natürlich aus einem finanziellen Desaster dann wieder rauskomme, in das man automatisch kommt, wenn eine Arbeitskraft ausfällt. Und das waren Existenzängste und Ängste, die wiederum zu zahlreichen schlaflosen Nächten geführt haben. Ich habe dann einen zweiten Termin gekriegt, wo das Ganze dann noch einmal versucht wurde. Ja, der Erfolg oder Misserfolg aus meiner Warte her gesehen war eigentlich der gleiche. Also wieder Defibrillator und leider ein Blick auf den Monitor.

 

Und das Herz war noch immer nicht im Rhythmus. Ja, diese psychischen Belastungen gehen weiter mit schlaflosen Nächten und so weiter. Und ich habe dann Gott sei Dank einen bekannten Arzt kontaktiert. Der ist ebenfalls aus Wolfsberg, der aber im Uniklinikum in Graz tätig ist und einer der führenden Herzspezialisten Österreichs, und sogar europaweit, ist. Und ich habe Gott sei Dank eigentlich relativ rasch, das heißt nach zwei Monaten dann einen Termin gekriegt, nachdem ein Termin ausgefallen ist. Und zwar nennt sich die Behandlung Katheterablation. Das schaut so aus, diese Katheterablation, ich habe mich vorher natürlich auch im Internet erkundigt, obwohl ich ganz genau gewusst habe, das Googeln im Internet, Dr. Google, ist tödlich, treibt dich noch in mehr Spiralen rein, wenn du das liest. Herzrhythmusstörungen, was ist alles damit verbunden? Herzschwäche. Und so weiter. Immer mehr. Wasserablagerungen in der Lunge, in Füßen. Und so weiter. Also Dr. Google ist tödlich, ich würde es keinem raten. Ich würde jedem raten, auf den eigenen Körper zu hören und zu einem Spezialisten zu gehen. Und diese Katheterablation ist ein Eingriff, der eine relativ komplexe Geschichte ist, oder eine sehr komplexe Hightech-Geschichte ist, eigentlich.

 

Ich bin ins Uniklinikum gekommen, Aufenthaltsdauer war geplant, oder ist geplant, drei Tage. Am ersten Tag hat es die Untersuchung gegeben, am zweiten Tag bin ich auf dem OP-Tisch gelegen und am dritten Tag wirst du eigentlich wieder entlassen. Diese Katheterablation schaut so aus, dass man in der Leistengegend drei Sonden eingeführt bekommt. Die erste Sonde ist eine zur Betäubung, die zweite Sonde ist eine Kamera drauf und die dritte Sonde hat eigentlich den Hauptzweck. Das ist ein Laser, wo eben genau diese Nerven, die diesen falschen Rhythmus auslösen, mit Laser, entweder, glaube ich, mit Hitze oder mit Kälte, dann verödet. Ich war sehr froh, dass ich diesen Termin gekriegt habe, weil dieser Eingriff dauert einen halben Tag. Man muss sich das vorstellen. Man liegt auf dem OP-Tisch, rundherum 20 Monitore. Man wird vorher gefragt, ob man unter Vollnarkose machen will, unter Teilnarkose oder ob man quasi zuschauen will. Warum auch immer, ich kann es mir heute nicht erklären. Ich habe mich einfach als  technikaffiner Mensch entschlossen, das ganze ohne Narkose durchführen zu lassen und habe in diesen insgesamt viereinhalb Stunden beobachten können und fühlen können, wie sie da diese Sonden, durch meinen Körper durchbohren, oder raufgehen durch die Arterie bis zum Herzen, wo dann die Herzkammer, die Vorkammer, die Herzwand, Entschuldigung, durchstoßen wird und wo die Sonden direkt zu der Stelle gelangen, die diesen falschen Rhythmus auslösen. Man kann das wirklich live mitverfolgen am Monitor, wie eigentlich so diese Instrumente da reinfahren. Ja, war ein Erlebnis. Und ich bin froh, dass ich es auch miterleben habe können, weil es da auch wiederum ein Bewusstsein geweckt hat. Was ist da eigentlich mit dir passiert? Du hast jahrelang einfach nicht auf deinen Körper geschaut und jetzt liegst du auf einem OP, brauchst eine Hightech-Operationen, einen Hightech-Eingriff, um das ganze wieder in Ordnung zu bringen. Nach viereinhalb Stunden, es waren eigentlich nur noch zwei Personen anwesend, das fängt an mit Untersuchungen. Dann geht es weiter. Dann kommt der nächste Arzt, der dir die Sonden anlegt, dann kommt wieder ein Pfleger, der dich rasiert. Intimrasur war kostenlos dabei. Und dann kommt der Arzt, der dann allein drinnen ist, mit einer Schwester, mit einer Spezialistin.

 

Und nach viereinhalb Stunden hat es dann die erlösenden Worte gegeben. Das Herz ist im Rhythmus. Ja, das war für mich quasi wie ein neues Leben, das zu hören. Was bei mir natürlich ins Bewusstsein gekommen ist, ich kann mich nicht allein auf die Medizin verlassen. Ich habe jahrelang Raubbau quasi an meinem Körper betrieben. Ich habe zwar viele medizinische Artikel gelesen, die man immer mal wieder so liest. Aber wenn man die persönliche Erfahrung dann hat, wie man Raubbau an seinem Körper betreibt, durch Stress, durch mangelnde Bewegung, durch falsche Ernährung und so weiter. Dann muss ich diesen Raubbau sofort beenden. Ich habe dann angefangen, bis zu dreimal täglich zu laufen, habe abgenommen. Ich habe natürlich auch psychisch davon einen Knacks gekriegt, der bis heute noch nicht ganz weg. Habe mir einfach diese Ruhephasen gegönnt, wo ich in Selbsthypnose dann betreib. Das mache ich heute noch. Mantra, um einfach Blutdruck zu senken. Autogenes Training, das betreibe ich bis heute. Das Schwierige dabei ist einfach diese Lebensumstellung, die man hat, wo man vorher mit Freunden unterwegs ist, wo man bei jeder Gaudi dabei ist, bei jeder Geburtstagsfeier dabei ist und wo man dann einfach sagt, nein, ich stelle mein Leben um.

 

Es ist ein zweiter wesentlicher Schritt, den man dann machen muss und der ist auch sehr, sehr schwierig. Einfach Freunden, Bekannten, Verwandten zu sagen, nein, du bist jetzt einmal nicht dabei. Nein, du nimmst jetzt einfach Zeit für dich einmal, du schaust auf deinen Körper, du schaust auf deine Gesundheit und sagst nicht zu allem Ja. Diese Worte von meinem Veterinär, die werde ich nie vergessen. Nein zu sagen, nicht überall dabei zu sein. Und eben für diese Bekannten ist das natürlich ein bisschen ein radikaler Schnitt. Die fragen dann, was ist los mit dem, wird der in seinen älteren Jahre jetzt verrückt? Jetzt ist er nicht mehr dabei. Jetzt fängt er an zu Laufen. Früher war bei jedem, Entschuldigung, Sau austreiben dabei, und auf einmal sagt er Nein. Jetzt wird er der fade Zeck. Also diese Umstellung, es ist auch der gesellschaftliche Druck, der da auf einem lastet, ist ein Weg, der ebenso steinig ist. Nur, hätte das früher gewusst, hätte ich früher eben mit dieser Lebensumstellung oder Lebenseinstellung begonnen, dann wäre es mit Sicherheit nicht so weit gekommen.

 

Dann hätte ich mir einfach viel, viel, viel erspart. Erspart in Leid, weil es meine Familie genauso mittragen hat können. Ich glaube, ich war in der Zeit nicht einfach. Meine Frau sitzt heute da und ich sage „Herzlichen Dank noch einmal, dass du mich so traumhaft unterstützt hast in der Zeit“. Man hätte sich einfach so viel erspart. Diese Lebensumstellung, wenn man einfach darauf geachtet hätte, nicht immer auf den gesellschaftlichen Druck Rücksicht nehmen zu müssen, sondern auf seinen eigenen Körper zu schauen und zu hören. Man hat es eh gewusst. Ich habe es eh gewusst, ich habe zahlreiche Artikel gelesen und gehört. Aber eines muss ich heute nachträglich sagen: Ich war einfach zu deppert, dass ich das wirklich wahrgenommen habe. Und dass mir das ins Bewusstsein gekommen wäre, dass mir das jemals passiert. Mir geht es heute gut. Ich brauche keine Medikamente mehr. Gott sei Dank. Mein Herz ist im Rhythmus und ich hoffe, dass das so bleibt. Und danke noch einmal fürs Zuhören. Das war meine Geschichte.

 

Maggie

Diese Herzählung wurde im Zuge des zweiten Herzählungsabend am 27. Jänner 2022 live im Kulturhof Villach aufgezeichnet.

 

Ariane

Als ich Ralf gefragt habe, ob ich sein Alter für das Intro verwenden darf, hat er gesagt  „Na ja, wenn du mich 20 Jahre jünger machst, dann gerne“. Also, jetzt eine kleine Rechenaufgabe für euch. Ralf ist Baujahr 1963, das heißt nächstes Jahr hat er einen runden Geburtstag. Ihr dürft jetzt selbst ausrechnen, wie alt er ist. Und wie wir gehört haben, arbeitet er als Fotograf in Wolfsberg. In seiner Freizeit ist er jedoch am liebsten in der Natur unterwegs. Und er liebt Abwechslung. Also sieht man ihn entweder auf einem Segelboot oder laufend oder auf dem Berg. Hauptsache, es gibt mal wieder was anderes. Er lebt nach dem Motto: „Ziele sind wichtig für den Erfolg. Aber sich kleine Ziele zu stecken, macht glücklich.“

 

Auch diesmal möchten wir euch zum Abschluss etwas mitgeben. Wir wissen aus eigener Erfahrung, wie schwierig es ist, stressigen Situationen aus dem Weg zu gehen. Trotzdem macht es Sinn, sich auch immer wieder darauf zu besinnen, was einem selbst gut tut und was einen Ausgleich schaffen kann.

Und das ist natürlich auch bekanntlicher Weise bei jedem anders. Denn auch hier gilt, Balance ist alles. Maggie, was machst du so, wenn du mal richtig abschalten möchtest?

 

Maggie

Wenn ich richtig abschalten möchte? Am liebsten setze ich mich ehrlich gesagt vor die Playstation und spiele ein Videospiel. Mein Guilty Pleasure. Was ich auch gerne mache, um körperlich runterzukommen, ist Yoga. Die Atemtechnik und die langsamen, geschmeidigen Bewegungen helfen mir dabei sehr. Und wie ist das bei dir?

 

Ariane

Ja, also die Playstation hat bei mir eigentlich eher den gegenteiligen Effekt. Ich werde da furchtbar gestresst. Was für mich ganz gut hilft, ist es, ein Blatt Papier zu nehmen und was zu zeichnen und vielleicht im Hintergrund auch noch einen Podcast zu hören.

 

Maggie

Also. Vielleicht ja den Herzählungen-Podcast.

 

Ariane

Ja, genau, das wäre zum Beispiel etwas. Wir freuen uns, dass ihr auch diesmal wieder zugehört habt.

 

Maggie

Und wir hoffen, dass der Stress bei euch mal wieder nachlässt.

 

Ariane

Bis zum nächsten Mal. Hier gibt es noch einmal einen kleinen Einblick hinter die Kulissen von Herzählungen-Podcast.

 

Maggie

Heute reden wir mal über das Thema Stress und Herz (stottern, lachen…).

 

Ariane

Wir machen uns keinen Stress, wir machen uns keinen Stress. Na, fangen wir einfach noch einmal an, lassen wir es weiterlaufen.

Passt. Sag mal nochmal, das war eine sehr lustige Ansage.

 

Maggie

Let´s talk about Stress, Baby.

 

Und wie wird man jetzt ein Herzähler oder eine Herzählerin? Ganz einfach: schaut auf unsere Website www.herzaehlungen.at und kontaktiert uns mit eurer Geschichte. Dieses Wissenschaftskommunikations-Projekt wird vom Österreichischen Wissenschaftsfonds und dem Steiermärkischen Gesundheitsfonds gefördert und an der Medizinischen Universität Graz durchgeführt.

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